Der Ironman 70.3 im Kraichgau, dem Land der tausend Hügel, ist einer der traditionsreichsten Triathlonveranstaltungen Deutschlands. Der Wettkampf in der baden-württembergischen Provinz, in der Triathlongrößen wie Hellriegel und Kienle ihre Heimat haben, vermag es, internationale Stars der Triathlonszene anzuziehen. Sowohl Hellriegel als auch Kienle traten auch tatsächlich dort wieder an. Sebastian Kienle testet dort seine Form und auch das Frauenfeld war mit Laura Philip und Yvonne van Vlerken bestens besetzt. Aber es sind nicht nur die großen Namen, die andere Triathleten ins Kraichgau locken. Man merkt als Gast in dieser Region, wie sehr die enschen dort den Triathlon schätzen, leben und unterstützen. Diesem Ruf sind auch fünf Athleten unsers Vereins erlegen.
Holger Hilken sogar schon zum vierten Mal. Bei Olaf Sempf war es der dritte und bei Heiko Dobrinski der zweite Start. Für Tanja Elmers und Rainer Koschke war es der erste Start im Kraichgau. Tanja hatte sich diese Strecke sogar für ihren allerersten Start über die Mitteldistanz überhaupt ausgesucht – und dies ausgerechnet auf einer Strecke, bei der auf dem Rad über die 90 km mehr als 1.200 Höhenmeter zu bewältigen sind. Um sich auf ein solches Höhenprofil in Bremen vorzubereiten, müsste man mehr als zweihundert Mal über die Autobahnbrücke fahren. Die Radstrecke ist jedoch nicht nur wegen des ständigen Auf und Ab, sondern auch wegen der vielen 90-Grad- Kurven anspruchsvoll zu fahren. Einen Tag vor der Mitteldistanz fand am Wettkampfort in Bad Schönborn auch noch der Start der ersten Bundesliga statt. Unsere Athleten nutzen die Gelegenheit, von den Profis zu lernen. Von der Möglichkeit, die Techniken für den schnellen Wechsel zu studieren, profitierten sie jedoch weniger als von der Gelegenheit zu beobachten, wie man sich kunstvoll im Ziel auf den Boden fallen lässt. Das mindestens wurde dann auch eifrig am nächsten Tag imitiert. Grund dafür gab es genug. Nicht nur die sehr anspruchsvolle Radstrecke gab dazu Anlass, sondern insbesondere auch die große Hitze. Mehr als 30 Grad Celsius forderten insbesondere auf der Laufstrecke ihren Tribut. Doch zunächst zum Anfang.
Nach den beiden Starts der männlichen und weiblichen Profis durften ab 9:15 Uhr auch unsere Athleten ins Wasser. Und es war für alle eine Erleichterung. Das Warten im Neoprenanzug in der Sonne hatte die Sportler völlig durchnässt, obwohl sie bis dahin noch keinen Kontakt mit dem Wasser hatten. Das Wasser verschaffte mit gemessenen 20,5 Grad Celsius für etwas Abkühlung. Dank des Rolling Starts, der die (un-)freiwilligen Prügeleien eines Massenstarts verhindert, konnten alle recht schnell ihren eigenen Rhythmus finden. Nach der einmalig zu schwimmenden Runde von 1.900 Metern reihte sich Tanja nach 34:17 min gleich ganz vorne auf Platz 6 ihrer Altersklasse ein. Auch die männlichen Löwen waren mit ihren Schwimmzeiten zufrieden. Holgers Ziel, unter 40 min zu bleiben, hat er mit 39:49 min voll erreicht. Olaf hielt sich mit 40:14 min gleichermaßen an seine Vorgabe. Heiko stieg nach 34:56 min aus dem Wasser. Rainer verbummelte im Wasserschatten etwas Zeit, kam dafür dann aber ohne Stress nach 31:42 min aus dem Wasser. Zwar hatten wir die Gelegenheit am Vortag, den schnellen Wechsel ausgiebig zu beobachten; aber Beobachtung und Umsetzung sind eben zwei verschiedene Paare Stiefel. Die wesentlichen Handgriffe saßen, aber es war manches Extra, das noch Einsparungspotential bietet. So ist es aus Sicht des Autors nicht unbedingt notwendig, sich die Füße mit einem Handtuch zu trocknen oder sich die Nase mit einem Taschentuch zu schnäuzen. Andererseits ist der Tag lange und man gönnt sich ja sonst nichts. Die Strecke war wie erwartet schwierig. Während man auf den ersten zehn flachen Kilometern noch die Grundlage für einen guten Geschwindigkeitsdurchschnitt legen konnte, ging es danach gefühlt immer nur bergauf und objektiv mit dem Durchschnitt bergab. Manche Rampe musste genommen werden und forderte den Athleten alles ab. Der Ort Gochsheim, der außerhalb der Triathlongemeinde vermutlich völlig unbekannt ist, bildete mit dreizehn Prozent Steigung den Höhepunkt. Immerhin wurde man von den Zuschauern dort nach oben getragen. Für Ablenkung sorgten auch die entgegen kommenden Profis. So konnte man bewundernd verfolgen, wie Sebastian Kienle in einem Höllentempo in perfekter Aerohaltung den Berg hinunter schoss. Erst viele Minuten später sah man dann den ersten Verfolger, im erweiterten Schlepptau mit den Löwen.
Tanja musste beim Radfahren vier ihrer Konkurrentinnen passieren lassen. Ihr Ziel war es jedoch, den ersten Wettkampf über diese Länge erfolgreich zu finishen. Ihre beste Disziplin, das Laufen, lag noch vor ihr und dafür sollten noch ausreichend Körner übrig bleiben. Nach 3:03:07 h durfte sie das Rad abgeben und auf die Laufstrecke wechseln. Nach einem Sturz in den Acker, über den der Autor dieser Zeilen lieber den Mantel des Schweigens hüllen möchte, entledigte sich Rainer nach 2:41:11 h seines Rads. Die anderen männlichen Löwen folgten mit einem Radsplit von 2:52:35 h (Heiko), 3:08:35 h (Holger) und 3:27:08 h (Olaf). Holger machte auf der Radstrecke nochmals zwanzig Plätze gut. Einen wichtigen Beitrag dazu leistete die Fahrradklingel, die er an Bord hatte und mit der sich er bei seinen Überholattacken freie Bahn verschaffte. Alle hatten sich die Strecke gut eingeteilt und waren mit ihren Leistungen auf dem Rad mehr als zufrieden. Das Trainingslager im Harz hatte hierzu sicherlich einen Beitrag leisten können.
Tanja auf ihrer ersten Mitteldistanz direkt in der Top Ten ihrer AK
Die drei zu laufenden Runden boten auch wieder kleine Anstiege, obwohl man sich nach den Hügeln beim Radfahren sicher eine flachere Strecke verdient gehabt hätte. Es war aber weniger das Profil, das uns zusetzte. Die Sonne stand im Zenit und brutzelte erbarmungslos die Läufer. Wie Würstchen auf dem Grill veränderten sie ihre Farbe von weiß über braun nach rot – und schwarz vor Augen wurde auch dem einen oder anderen. Die vielen Verpflegungsstellen und die von den Gartenbesitzern spontan angebotenen Gartenschläuche sorgten glücklicherweise für etwas Abkühlung und unsere Athleten kamen alle gut durch die Hitze. Für Rainer, der sich auf eine Langdistanz in wenigen Wochen vorbereitet, stand beim Lauf nur etwas Fahrtspiel auf dem Plan, um noch ausreichend Kräfte für die letzten harten Trainingswochen übrig zu lassen. Alle anderen zogen den Lauf in aller Konsequenz und Härte durch. Tanjas Paradedisziplin führte sie wieder zurück auf den achten Platz ihrer Altersklasse mit einem Finish in 5:44:28 h insgesamt. Sie hatte damit nicht nur ihr primäres Ziel, das erfolgreiche Bewältigen dieser Strecke, erreicht, sondern sich auf Anhieb auch gleichzeitig einen Platz unter den Top-Ten ihrer Altersklasse (AK) verschafft.
Auch die Ergebnisse der Männer können sich mehr als sehen lassen
Die Herren vermochten ebenso ansehnliche Leistungen abzuliefern (Rainer: 4:54:07 h, AK-Platz 9; Heiko: 5:20:15, AK-Platz 52; Holger: 5:53:08, AK-Platz 93; Olaf: 6:54:20 h, AK-Platz 205). Angesichts der Bedingungen durfte jeder mit sich und seiner persönlichen Leistung zufrieden sein. Der krönende Abschluss für diese individuellen Leistungen war jedoch der gemeinsam erstrittene zweite Platz der Team-Wertung und die damit verbundene Qualifikation für das Rennen in Barcelona im kommenden Jahr.